Die Allradspezialisten von Dangel helfen Partner, Berlingo und Co. auf die Sprünge. Vor allem im Blick: der neue Opel Combo.

Wir lieben 4×4“, stellt Igor Verbrugghe fest. Die Aussage des Marketing- und Vertriebsleiters von Dangel ist nicht verwunderlich, denn das französische Unternehmen lebt seit vier Jahrzehnten vom Umbau von Transportern und Lieferwagen in Allradfahrzeuge. Traditionell mit der französischen PSA-Gruppe verbandelt, konnte Dangel bisher in Deutschland noch nicht recht Fuß fassen. Im vergangenen Jahr fanden nur 3,9 Prozent der Fertigung von etwa 3.700 Allradlern den Weg nach Deutschland. Das soll sich ändern. Bisher trat Umbauer Dangel gegen starke heimische Anbieter an, die für leichte Allradfahrzeuge nur ins reich bestückte Regal greifen brauchen und europaweit im 4×4-Segment eine Führungsrolle einnehmen. Den passenden Kompagnon für Deutschland hatte sich Dangel deshalb vor einigen Jahren in Opel ausgeguckt: deutsche Marke, sehr dichtes Händlernetz, bei 4×4 eher schwach auf der Brust, passt. Glück muss man haben, denn inzwischen ist Opel bei PSA untergeschlüpft. Und wer baut sämtliche PSA-Nutzfahrzeuge auf Allrad um? Dangel, seit kurzem in Besitz eines früheren PSA-Managers.

Erst der Baum stoppt ihn
Prompt pflügt jetzt ein Peugeot Partner durch ein Waldstück der Vogesen, der genauso gut ein Citroën Berlingo, Opel Combo und künftig ein Toyota Proace City sein könnte. Wo er mit Vorderradantrieb an einem Steilstück mit feuchtem Geläuf und Bodenwellen nur noch hilflos mit den Hufen scharrt, ackert er sich nach Zuschalten des Vierradantriebs ohne viel Federlesen hinauf. Auch eine matschige Passage hält den Feld-, Wald- und Wiesen-Lieferwagen nicht auf. Er kapituliert erst vor einem umgestürzten Baum. Gegen dieses Hindernis kann auch die erhöhte Bodenfreiheit nichts ausrichten – Ende Gelände. Die Wende bereitet kein Problem, im steilen Gefälle hält die Bergabfahrhilfe das Tempo. Ab über Landstraßen zurück ins werkseigene Versuchsgelände. Der Allradantrieb ist ausgeschaltet, kein Zahnräderheulen, keine Verspannung stört.
Am Ziel wühlt sich der Lieferwagen mühsam und nur mit viel Schwung als 4×2 eine deftige Steigung empor, die er nach Umschalten auf 4×4 gelassen nimmt. Taucht beim schrägen Überqueren einer Bodenwelle tief mit dem Vorderwagen ein, hebt dabei das rechte Hinterrad in die Luft und befreit sich ohne Mühe wieder aus der misslichen Lage. Und erfrischt sich im Anschluss beim Durchqueren eines Bachlaufs. Die Souveränität hat indes Grenzen, denn auch als 4×4 verwandelt sich der Lieferwagen nicht in einen Offroader. Die Anfahrschwäche des 1,5-l-Dieselmotors verlangt nach viel Gas, sonst bricht die Drehzahl ein, und die Fuhre steht. Eine Untersetzung gibt es nicht. Aber eben jene Traktion für die Fuhrparks von Energieversorgern, Baufirmen, Post- und Forstbetrieben oder Unternehmen der Telekommunikationsbranche, dass deren Mitarbeiter an ihre mitunter unwirtlich gelegenen Arbeitsstationen kommen. Und auch wieder zurück.
Verantwortlich dafür ist mit einer Viskokupplung ein ebenso einfaches wie wirkungsvolles 4×4-Antriebssystem. Entsteht aufgrund von Schlupf an den von Hause aus angetriebenen Vorderrädern eine Drehzahldifferenz zwischen Vorder- und Hinterachse, überträgt eine Lamellenkupplung in einem zähen Ölbad überschüssige Kraft mit variabler Verteilung auf die Hinterräder. Zulieferer ist Antriebsspezialist GKN. Im Normalbetrieb rollt der Lieferwagen kraftstoffsparend und ohne Verspannungen im Triebstrang als 4×2. An einem Drehschalter kann der Fahrer den Zusatzantrieb während der Fahrt aktivieren, er greift dann über eine Klauenkupplung ein. Den Rest regelt die Technik ohne Zutun des Fahrers. Bei Zündung aus verfällt der Antrieb automatisch wieder in den sparsamen 4×2-Modus. Das serienmäßige ESP bleibt den Allradmodellen erhalten, Dangel hat zusammen mit Bosch eigens eine passende Lösung entwickelt.

Vier Jahre Entwicklungszeit
Den Dangel-Antrieb gibt es für beide Radstände von Berlingo, Combo und Partner, jedoch ausschließlich mit dem kräftigen Diesel mit 96 kW (130 PS) sowie Sechsgang-Schaltgetriebe. Gekoppelt ist der Antrieb mit dem werksseitigen Baustellenpaket. Darin enthalten ist bereits eine Höherlegung. Das Mehrgewicht des 4×4 beträgt 85 kg. Dazu tragen 3,5 mm starke stählerne Schutzplatten ihren Teil bei, sie bewahren Antriebstechnik und Tank vor Schäden. Für harte Einsätze gibt es auf Wunsch eine Differenzialsperre an der Hinterachse mit 100-prozentiger Sperrwirkung. Im Angebot ist außerdem eine weitere Höherlegung um 20 mm, das macht dann 205 mm Bodenfreiheit.
Vier Jahre Entwicklungszeit und 4,5 Millionen Euro Investitionen stecken in der neuen Allradvariante. 27 Prototypen bewältigten Dauerlauf-, und Wintertests, Prüfungen der Akustik und als Zugwagen. Dangel saß frühzeitig mit PSA am Tisch, damit der Aufwand für den Umbau der neuen Lieferwagengeneration möglichst gering ausfällt. Dangel kann jetzt die Bremsanlage übernehmen, auch ist der Platz für die Kardanwelle bereits vorgesehen. Trotzdem bleibt der Aufwand erheblich: Neue Hinterachse mit Differenzial und Antriebswellen, Kardanwelle, anderer Tank, Verteilergetriebe, spezifizierte Auspuffanlage – all das wird in der blitzsauberen Fertigung im elsässischen Sentheim nahe Mulhouse montiert.
Beeindruckend ist die Vorfertigung, hier wird die Allradtechnik von Hand montiert und für jedes Fahrzeug in einem Ladungsträger gesammelt. Dangel vermisst mit feinfühligen Maschinen alle Komponenten und prüft sie vor der Montage bei unterschiedlichen Drehzahlen sowie unter Last. Am Ende der Fertigung gehört ein Probegalopp zum Pflichtprogramm, unter anderem über eine Rüttelstrecke auf dem Werksgelände.
Der Kauf ist nicht ganz unkompliziert, denn bei den Dangel-Umbauten handelt es sich um Zwei-Rechnungs-Fahrzeuge mit eigener Garantie. Das bedeutet ebenfalls, dass die lokalen Autohändler mitspielen müssen. Auch verlängert sich für den Umweg zu Dangel die Lieferzeit um sechs bis acht Wochen. Nicht zuletzt fällt der Preis deftig aus: Der 4×4-Antrieb kostet netto 6.400 Euro, die Werkslösung eines Caddy 4Motion kommt nur auf einen Bruchteil davon. Womit aber schon der einzige Wettbewerber genannt wäre. Dangel jedoch tritt gleich mit vier Marken auf einmal an. Darunter ist mit Opel nun auch das Fabrikat, auf das Dangel für Deutschland besonders setzt. „Opel macht den Unterschied“, unterstreicht Marketing- und Vertriebsleiter Igor Verbrugghe optimistisch.

Randolf Unruh