Ein neues Gesicht, ein überarbeitetes Interieur und beim Connect schon Motoren nach dem künftigen Reinheitsgebot – Ford hat seine Lieferwagen Connect und Courier nach vier Jahren renoviert.

Der Effekt ist verblüffend: Beim Einsteigen blickt der Fahrer zunächst auf eine rabenschwarze Instrumentenfläche, über der die typischen blauen Ford-Zeiger zu schweben scheinen. Zündung einschalten per Start-Stopp-Taste seitlich an der Mittelkonsole – prompt erwachen die Instrumente des Ford Connect zum Leben. Das Display signalisiert: Fahrer an Bord, angeschnallt, grüner Haken, fertig zum Start.

Und nicht nur die Instrumente sind dann quicklebendig, auch unter der Motorhaube steckt ein wahres Temperamentsbündel, zumindest mit der hier gefahrenen Spitzenmotorisierung von 88 kW (120 PS) und 270 Nm Drehmoment. Der kompakte neue 1,5-Liter-Diesel trumpft mit zwei obenliegenden Nockenwellen auf, einem Aluminium-Zylinderblock und Magnetventil-Injektoren sowie einem flott ansprechenden Turbolader. Die Maschine hängt prima am Gas.

Prompt schnurrt das Triebwerk nicht nur friedlich und laufruhig, es verträgt auch Niedrig-Drehzahlen von kaum mehr als 1.000 Touren klaglos. Um kurz darauf trotz langhubiger Auslegung fast mühelos hinauf bis annähernd 5.000 Touren zu jubilieren. Unterstützung erhält die Maschine von einem Sechsganggetriebe mit sehr exakter Schaltung, die Gänge flutschen nur so hinein. Alternative ist eine Achtgang-Wandlerautomatik, das klingt ebenfalls verlockend.

Mit Euro 6d Temp
So lebendig und auch so kultiviert kann ein Diesel sein. Und so sauber: Ob PKW-Zulassung als Kombi oder LKW-Zulassung als Kastenwagen, der Connect erfüllt bereits die kommende Abgasstufe Euro 6d Temp und ist nach dem neuen Verbrauchszyklus WLTP zertifiziert. Basis der Reinlichkeit ist SCR-Technik.

Adblue wird bequem unter dem Tankdeckel gleich neben der Spritöffnung eingeflößt, so gehört sich das. Ein vergleichsweise großer Vorrat von 17 Litern verspricht angemessene Reichweite. Knausern muss der Ford mit dem Reiniger jedenfalls nicht.

Zurück ins Cockpit, denn hier gibt’s mehr als Spielereien mit Instrumenten und Startknopf. Zum Beispiel die kürzlich entrümpelte Mittelkonsole. Verschwunden ist nun auch hier die jahrelang bei Ford gepflegte Tastenflut, stattdessen ragt aus dem glänzenden Plastik nach aktueller Mode senkrecht ein Bildschirm in Form eines Tablets nach aktueller Mode.

Drumherum gibt es angenehm gepolsterte und konturierte Sitze mit sympathisch halbhoher Sitzposition, genügend Bewegungsfreiheit und reichlich Luftraum unter dem hohen Dach. Die weit nach vorn gerückte Windschutzscheibe unterstreicht das großzügige Raumgefühl.

Geblieben sind recht einfache Materialien mit viel sprödem Hartplastik. Was beim Transit Connect Kastenwagen oder Kombi noch akzeptiert wird, das wirkt in den feineren Ausführungen des Tourneo Connect ärmlich.

Und die Sicht ist zwiespältig: Nach vorn ist der Connect unübersichtlich, seitlich stören die breit nach unten auslaufenden A-Säulen. Der Blick zurück durch die Außenspiegel mit zusätzlichen Weitwinkelgläsern ist dagegen angenehm.

Fahrwerk: überraschend komfortabel
Gleiches gilt für das gut trainierte Fahrwerk, für einen Lieferwagen überraschend komfortabel, abgeschmeckt mit einer präzisen elektromechanischen Lenkung mit geschwindigkeitabhängiger Unterstützung.

Auf Wunsch unterstützt ein ganzes Bündel Assistenzsysteme Fahrer und Fahrwerk. Ob adaptiver Temporegler mit Verkehrsschilderkennung, Notbremssystem mit Blick auch für Fußgänger und Radfahrer, Distanzwarner, Fahrspurassistent oder ein aktiver Parkassistent und sogar wählbare Außenspiegelformate – der Connect macht seinem Namen alle Ehre und verbindet Fahrer und Auto auf vielfältige Weise mit der Umgebung. Und wenn alles nicht helfen sollte, schützen optional jede Menge Airbags.

Ebenso variabel ist die Sitzkonfiguration: Einzel- oder Doppelbeifahrersitz, als Kombi und Tourneo eine Rücksitzreihe, bei Wahl des langen Radstands auf Wunsch eine dritte Reihe mit zwei Plätzen. Der lange Connect ist ohnehin spannend, denn als einziger Lieferwagen seines Fachs wächst mit dem Achsabstand auch die sehr leichtgängige Schiebetür um gut 20 cm auf eine minimale Öffnungsbreite von exakt 642 mm. Maximal sind’s sogar noch 80 mm mehr, fast schon Transporterformat.

Auch ein genauer Blick in den Laderaum lohnt. Beim Kastenwagen lässt sich zwischen den Radkästen eine Palette quer durchschieben, beim Kombi klappt dies wegen Verkleidungen nicht mehr. Im feiner ausstaffierten Tourneo haben Paletten ohnehin nichts zu suchen. Am Boden misst der Laderaum bereits beim kurzen Connect in der Länge knappe 1,80 m. Das Maß schnurrt jedoch auf halber Höhe deutlich zusammen, zwei gut beladene Paletten finden daher keinen Platz.

Also her mit der Langvariante, 40 cm mehr Raum und hinein mit den Ladungsträgern. Der Connect wächst mit dieser Operation indes von handlichen 4,43 auf stattliche 4,83 m Länge.

Hai statt Karpfen
Was drinnen ist, verpackt Ford bei der neuen Generation der Connect-Familie attraktiver denn je. Geblieben ist die schnittige Grundform der Karosserie mit steil ansteigender Gürtellinie.

Hinzugekommen ist ein kraftvoller Kühlerschlund, jetzt zählt der Connect auf der Straße optisch zu den Haien statt zu den Karpfen. Laut Liste startet die Kurzvariante Transit Connect mit netto 16.700 Euro.

Sie reicht mit einer Ausstattung von elektrischen Fensterhebern über eine Trennwand, Start-Stopp-System und Zuheizer allemal für den Arbeitsalltag. Der schneidige Diesel kostet rund 1.700 Euro Aufpreis.

Und dann stehen der lange Radstand, der Transit Kombi und schließlich der Tourneo Connect sowie unterschiedliche Ausstattungsvarianten und eine Vielzahl individueller Einzelextras zur Wahl. Auch dieser Effekt ist verblüffend – der Connect ist einer für alle.

Courier
Einen Kurzen bitte
Er ist „unsere am meisten unterschätzte Baureihe“, stellt Ford-Verkaufsdirektor This Wölpert fest. Übersetzt heißt das: Es dürften ruhig einige Exemplare des Courier mehr sein. Vielleicht liegt’s am etwas skurrilen Aussehen – kurz und hoch führt zu eigenwilligen Proportionen.

Andererseits liegt gerade darin die Würze des Kleinen: Mit nur 4,15 m Länge ist er fast konkurrenzlos, dreht in der Stadt auf der Hinterhand, schleppt knapp eine halbe Tonne Zuladung und rund 2 m3 im Frachtraum. Der wächst mit flexibler Trennwand noch weiter von maximal rund 1,6 auf etwa 2,5 m Länge.

Die Palette passt im Courier zwar nicht quer zwischen die Radkästen, aber man wird sie dem Kleinen ohnehin nur selten zumuten. Und längs ist’s ja kein Problem. Auch huscht der Courier dank seiner schlanken Taille mühelos durch Engstellen.

Beim Courier war weniger zu renovieren, denn das aktuelle Ford-Gesicht trägt er schon von Beginn an. Aber auch hier hat Ford in den besseren Varianten die Mittelkonsole ein wenig entrümpelt und den Bildschirm vergrößert. Er thront in der Topausstattung samt Gehäuse recht wuchtig in Cockpitmitte.

In Sachen Assistenzsystemen ist das Angebot eng begrenzt und Motoren nach Euro 6d Temp gibt es noch nicht. Das heißt Diesel ohne SCR-Technik.

Unter der Motorhaube arbeitet wie im größeren Connect der 1,5-Liter, hier jedoch mit maximal 75 kW (102 PS) und in der Leistungsentfaltung sehr elastisch, wenn auch zäh.

Aber in dieser Klasse ist die richtige Wahl ohnehin der Dreizylinder-Benziner mit 74 kW (100 PS). Der benötigt laut Norm nur gut einen Liter Sprit mehr und kostet mit einem Grundpreis von netto 12.340 Euro rund 2.300 Euro weniger als der vergleichbare Diesel – mit dieser Differenz lässt sich lange fahren.

Dabei benimmt sich das kleinste Modell aus dem Ford-Nutzfahrzeugquartett etwas ruppig. Das betrifft das Zusammenspiel von Gas und Kupplung ebenso wie das Fahrwerk, das auf Unebenheiten etwas ungnädig reagiert.

Dazu ist ausgerechnet der kleine Courier nach vorne sehr unübersichtlich – die weit nach vorn verlegte Windschutzscheibe ist zwar riesig, die Nase des Kurzen aber allenfalls zu erahnen. Der harte Kunststoff stört in dieser Preisklasse weniger.

Trotzdem liegt angesichts der geschliffeneren Connect die Vermutung nahe: Der praktische und günstige Courier wird als Transit Kasten, Kombi oder Tourneo weiterhin unterschätzt bleiben.

Randolf Unruh