Morgens Kombi, mittags Lastenesel, der neue Opel Vivaro wechselt als Flex Space fix seine Jobs. Und fährt sich trotz handfester Ausstattung verblüffend komfortabel.

Die Stellenausschreibung ist klar: Flexibel soll der Mitarbeiter sein, unterschiedlichste Aufgaben nach Bedarf übernehmen. Anpackend bei der Arbeit auftreten und doch teamfähig sein und freundlich im Umgang. Als Transporter heißt das: Opel Vivaro Flex Space. Er ist einer für alle.

Der Vivaro ist ebenso neu wie zugleich ein guter Bekannter. Opel ist beim Vivaro umgeschwenkt, von einem Ableger des Renault Trafic zu einem Derivat von Citroën Jumpy und Peugeot Expert. Somit parkt nun im mittleren Gewichtssegment rund um 3 t bereits nach wenigen Jahren eine komplett neue Transporterpalette beim Opel-Händler. Lieferbar in zwei Radständen und drei Längen vom kompakten, 4,6 m langen Vivaro S über den Vivaro L mit 4,95 m bis zum auf 5,3 m gestreckten Vivaro L. Ein Hochdach gibt es nicht, aber ein in Deutschland eher selten verwendetes Plattform-Fahrgestell.

Dies alles reicht von 2,6 bis 3,1 t zGG, ergänzt von Auflastungen. Zur Wahl stehen ebenfalls gleich zwei Motorenfamilien mit 1,5 und 2,0 l Hubraum und einer Leistungsspanne in fünf Stufen von 75 kW (102 PS) bis 130 kW (177 PS). Die große Maschine koppelt Opel auf Wunsch mit einem Automatikgetriebe. Alle Varianten entsprechen der Abgasstufe Euro 6d-Temp, wie es sich gehört. Und alle verfügen über einen großen Adblue-Tank mit 22,5 l Volumen.

Von wegen Kosmetik
Opel legt den überarbeiteten Movano auf – doch niemals fällt der Name Renault. Seit Opel unter das Dach von PSA schlüpfte, ist aus dem Transporter-Partner nach zwei Jahrzehnten ein Erzfeind geworden. Jedoch sind die Konzerne beim Duo Master/Movano noch miteinander verbunden.

Da wären Verträge, vor allem aber fehlt es an Kapazität. Zwar ist beschlossen und verkündet, dass der nächste Movano zusammen mit Citroën Jumper und Peugeot Boxer entsteht, vermutlich ebenfalls wieder zusammen mit dem Fiat Ducato. Doch das gemeinsame Werk des Großtransporters fährt am Anschlag – keine Chance für eine fünfstellige Zahl Movano im Jahr obendrauf. Das ändert sich, wenn das Opel-Werk im polnischen Gliwice/Gleiwitz für den großen Transporter frei wird. Und deshalb ist der überarbeitete Movano weiterhin ein Ableger des Master und ein Modell des Übergangs.

Vielleicht deshalb spart sich Opel das umfassende Facelift des Master. Zwar trägt er jetzt die markentypischen Schnurrhaare, ansonsten aber ist er ganz der Alte. Umso wichtiger sind die inneren Werte.

Etwa das sehr aufgeräumte Cockpit mit übersichtlichen Instrumenten und Ideen wie dem herausziehbaren Tisch auf der Beifahrerseite und der Schublade statt des gewohnten Handschuhkastens.

Oder der nochmals bulligere 2,3-l-Motor in drei Leistungsstufen von 100 kW (136 PS) sowie 110 kW (150 PS) und 133 kW (180 PS) für den Fronttriebler. Die Pferde ziehen mächtig an wie Kaltblüter und sind sauber nach Euro 6d-Temp. Und dann wäre noch eine ganze Sammlung von neuen Assistenzsystemen.

Die Karosserie wirkt unverändert ein wenig labil, aber in den anderen Punkten ist der Movano richtig gut. Nur sieht man’s ihm nicht an.

Lieferbar ist die neue Transporterpalette in zwei Radständen und drei Längen. Ein Hochdach gibt es nicht, dafür aber ein innovatives Plattform-Fahrgestell.

Lob für das Cockpit
Obwohl Opel jetzt für die Transporterentwicklung im PSA-Konzern zuständig ist, sehr viel Opel ist auf den ersten Blick nicht dran am neuen Vivaro.

Transporter-Entwicklungsleiter Jörg Escher verweist auf die markentypische Nase. Ebenso auf die rasche und umfangreiche Umstellung des Werks im britischen Luton auf das völlig andere Modell. Größere Probleme durch den Brexit sieht er auf den Neuen nicht zukommen. Man könne den Vivaro schließlich genauso in Nordfrankreich fertigen, wo er längst als Citroën, Peugeot sowie als Toyota vom Band läuft.

Und so bringt der Vivaro alles mit, was man bereits von seinen Kollegen kennt. Zum Beispiel die recht schlanke und dynamische Karosserie mit ihrer langen Nase – der Vivaro ist auch ein Van, man merkt es an der knappen Höhe von rund 1,9 m. Oder die eigenwillige aufgeteilte Versorgungsanlage mit Diesel hinten links am Radlauf und Adblue vorne unten in der B-Säule.

Ebenfalls an einen Van erinnert die vergleichsweise tiefe Sitzposition. Die Sitzfläche ist kaum ausgeformt, der Fahrer hockt mehr drauf als drin. Aber das Cockpit passt wie angegossen. Im Unterschied zum Combo hat Opel beim Vivaro die französische Armaturenanlage komplett übernommen. Und daran ist nun wirklich nichts auszusetzen, einschließlich ordentlicher Materialanmutung.

Geblieben sind ebenfalls die viel zu kleinen Außenspiegel und die mäßige Sicht nach vorn wegen der riesenlangen Armaturenabdeckung und der breit nach unten auslaufenden A-Säulen. Geblieben ist ebenfalls die Flexibilität, zum Beispiel die geschickte Durchlademöglichkeit beim Kastenwagen mit hochgeklapptem Beifahrersitz.

Oder die umfangreiche Ausstattung: Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber mit Tippfunktion, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, Frontairbags für Fahrer und Beifahrer, Geschwindigkeitsregler – der Vivaro fährt komplett vor.

Und er lässt sich mit einem ganzen Arsenal von Assistenten aufrüsten. Die Spanne reicht von A wie adaptiver Geschwindigkeitsregler bis V wie Verkehrsschilderkennung.

Sitzen auf „Carla“
Und die Doppelkabine Flex Space? Sie gibt es passend zu ihren Aufgaben in mittlerer und größer Länge. Zur Mitgift gehört vor allem eine Dreiersitzbank in der zweiten Reihe, zum Laderaum abgesichert mit einem Trenngitter oberhalb der Rückenlehne. Platz ist genug, auch für Großgewachsene. Zwar fehlt die praktische Sitztruhe klassischer Dokas.

Dafür verwandelt sich der Opel bei Bedarf in einen vollwertigen Frachter: Mit nur einem Griff lässt sich die Bank mitsamt Trenngitter nach vorne schwenken. Dafür ist zwar eine feste Hand erforderlich, doch die gibt es serienmäßig bei den Nutzern von derlei Transportervarianten. Im Vergleich zum Kastenwagen geht bei geklapptem Sitz nur ein halber Kubikmeter Frachtraum verloren. Zur Serienausstattung gehört ebenfalls eine Beifahrer-Doppelsitzbank sowie eine Durchladefunktion.

Sämtliche Sitze sind mit dem Kunstleder „Carla“ bezogen. Die Seitenfenster der zweiten Reihe sind verglast, der Laderaum ist mit einem Holzboden ausgelegt, Zurrschienen sind integriert. Mit Schlechtwege-Paket, erhöhter Zuladung und der Traktionsregelung namens Intelligrip einschließlich 17-Zoll-Rädern darf’s dann auch mal auf einen Feldweg oder in die Baugrube gehen.

So einer ist für harte Arbeit geboren, schleppt vielleicht auch noch einen Anhänger, da scheint das 1,5-l-Triebwerk vielleicht etwas zart gebaut. Also her mit der größeren Maschine, doch mit 90 kW (122 PS) hinterlässt sie einen eher zähen und nur begrenzt leistungswilligen Eindruck, obwohl sie mit 340 Nm gut bestückt ist.

Die Maschine will durch Schalten bei Laune gehalten werden, mit dem arg knorpeligen Aggregat kein rechtes Vergnügen. Viel lebendiger tritt die nächststärkere Ausführung mit 110 kW (150 PS) an, mehr Leistung benötigt niemand ernsthaft. Leise und laufruhig arbeiten beide Varianten.

Komfortabel fährt der Vivaro ebenfalls, da sind sie wieder, die französischen Gene. Er federt verblüffend sanft, er folgt präzise den Lenkbefehlen und er liegt sicher auf der Straße.

So einer ist nicht nur wegen seiner vielseitigen Einrichtung einer für alle. Es könnte auch zum Umkehrschluss kommen: Alle für einen. Opel hätte nichts dagegen, auf jeden Fall passt der neue Vivaro Flex Space auf viele Stellenausschreibungen. Und der Vivaro in seinen zahlreichen Varianten sowieso.

Abseits der Straße
Was der dickste SUV in seinem Autoleben meist nie benötigt, das schätzen Profis wie Energieversorger, die Männer vom Bau und andere mehr – sie setzen auf das Traktionsplus des Allradantriebs.

Die Umrüstung übernimmt für die PSA-Gruppe traditionell Dangel in Sentheim im Elsass, in Deutschland vertreten durch de Bondt Fahrzeugaufbauten.

Was für Citroën und Peugeot funktioniert, das klappt jetzt auch für Opel Combo und Vivaro auf PSA-Plattformen: Es gibt beide als 4×4. Das Antriebsprinzip ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Eine Visko-Kupplung verteilt die Kraft abhängig vom Schlupf zwischen den Achsen.

Auf der Straße fahren die Transporter üblicherweise als 4×2. Wird die Piste unwegsam oder rutschig, schaltet der Fahrer während der Fahrt den Allradantrieb per Drehschalter zu. Zum 4×4-Paket gehören stählerne Schutzbleche für den Unterboden.

Obendrein gibt es ein Sperrdifferenzial für die Hinterachse. Auch diese 4×4 können in der Regel mehr als ihre Fahrer. Ausnahme: Beim geprüften Vivaro 4×4 fiel die Klimaanlage aus, weil sie die Frontpartie mit Schmutz zugesetzt hatte, bitte nacharbeiten.

Basis des 4×4 sind die ab Werk höhergelegten Varianten, daher müssen Käufer bei der Bestellung ein definiertes Ausstattungspaket ordern. Eine Nachrüstung bereits ausgelieferter Varianten ist nicht möglich. Garantie und Gewährleistung übernimmt Dangel, die Bestellung von Combo 4×4 und Vivaro 4×4 erfolgt über die Opel-Händler.

Randolf Unruh