Überarbeitete Motoren, ein neues Cockpit, eine jetzt reichhaltige Serienausstattung und auf Wunsch jede Menge Assistenzsysteme: Der Altmeister VW Transporter zeigt, was er draufhat.

Das Rentenalter steigt, nicht nur bei den Beschäftigten, auch bei Transportern. Sowohl für ältere qualifizierte Mitarbeiter auf zwei Beinen als auch für jene auf vier Rädern gilt: Sie sind gefragt wie schon lange nicht. Werfen wir einen Blick in die vielbeschworene Vergangenheit des VW Transporter:

Als VW 1967 seine erste Generation nach 17 Jahren ablöste, war sie überaltert und längst reif für die Rente, Bulli-Nostalgiker mögen es verzeihen. Wenn jetzt die Generation T6.1 antritt, dann basiert sie auf dem T5 des Jahres 2003, macht inzwischen einen T5.X und stolze 16 Jahre. Aber Rente? Von wegen.

Hier will ein fitter junger Senior dem Nachwuchs eine Nase drehen.

Zu diesem Zweck hat sich der VW herausgeputzt. Die Designer haben ihm eine zweite Chromspange spendiert, es gibt gleich darunter einen großen Lufteinlass. Und der Stoßfänger zeigt dicke Backen, das hat man heute gern. Typisch VW: Auch jetzt finden sämtliche Linien Anschluss, das wirkt harmonisch und rund.

Seitlich tragen alle Varianten jetzt eine Plakette mit der Modellbezeichnung, hier also schlicht „Transporter“. Wer mag, gönnt sich einen verchromten „Bulli“-Schriftzug.

Neues, digitales Cockpit
Bitte einsteigen und Türen schließen – wie gehabt scheppert es beim Transporter ein wenig, während die Multivan-Türen satt ins Schloss fallen. Der Rundblick zeigt: Die wahren Änderungen spielen sich drinnen ab. VW hat die beiden unterschiedlichen Armaturentafeln von Transporter und Multivan zu einer Variante vereinigt.

Damit entfällt beim Multivan die wuchtige Verkleidung rund um den Schalthebel, auch enthält ihm VW nicht mehr die offenen Ablagen auf halber Höhe vor, Stichwort „Zollstockfach“ vor dem Beifahrer. Die Luftdüsen zeigen Kanten, haben in Cockpitmitte Platz gemacht für ein großes Farbdisplay. Neu sind weitere offene Ablagen, oben auf der Armaturentafel und rechts vom Schalthebel. Hinter den Verkleidungen verbirgt sich eine neue Elektronik- und Elektronikstruktur.

Das Lenkrad trägt, sofern der Käufer entsprechende Extras ordert, eine andere Tastatur. Und auch die Instrumente sind neu. Die feine Chronometer-Optik der Rundinstrumente ist verschwunden, jetzt geht es schlichter zu.

Es sei denn, der Käufer ordert das neue, digitale Cockpit. Dann kann der Fahrer auf Tastendruck zwischen drei unterschiedlichen Anzeigen wählen. Bei allen identisch sind die Säulengrafiken für Kühlwassertemperatur und Spritvorrat links und rechts. Sie klammern die Wechselanzeige ein.

Da wäre eine Variante mit Rundinstrumenten – der Drehzahlmesser mit auffälligem Farbenspiel – zwischen denen anstelle des Bordcomputers nun ein zusätzliches Fenster frei konfigurierbar ist und wahlweise die Navigationskarte zeigt. Ein Tastendruck, der Drehzahlmesser verschwindet, der Tacho wechselt auf eine Digitalanzeige am unteren Rand und zwischen Bordcomputerdaten dehnt sich die Navigationskarte.

Nächster Tastendruck: Nun macht sich die Karte breit und beherrscht das Bild, die Nebenanzeigen sind verborgen. Das hat einen Wow-Effekt und sicherlich auch seinen Preis, der bei Redaktionsschluss noch nicht feststand.

Serienmäßig sind nun elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, H7-Scheinwerfer und eine LED-Innenbeleuchtung von der Dachkonsole bis zum Fußraum.

Auch rund um Fracht und Gepäck gibt es Neuigkeiten: Das Staufach unter dem Beifahrer-Doppelsitz ist nun auf Wunsch abschließbar, eine kleine, aber praktische Durchladeöffnung unten in der Trennwand verlängert den Laderaum um 350 mm.

Für Kurierdienste und Postler bietet VW ein Kurierpaket an. Es setzt sich aus kräftiger Lichtmaschine, leistungsstärkerer Batterie und verstärkten Antriebswellen zusammen.

Verblüffend temperamentvoller Antritt
Nach dem Anlassen des Zweiliters ertönt das bekannt heisere und etwas unruhige Knurren des TDI. Ein Leisetreter ist der Transporter also auch in der neuen Generation nicht, jedenfalls als Kastenwagen. Denn der kernige Motor muss im Transporter, ausgenommen DSG-Getriebe, die Spitzenmotorisierung und der kultivierte Multivan, auf Ausgleichswellen verzichten. Prompt durchlaufen bei Niedrigst-Drehzahlen Vibrationen den Transporter, er schüttelt sich etwas unwillig.

Dabei kann er’s doch, auch und gerade die neue Basismotorisierung mit 66 kW (90 PS). Das maximale Drehmoment von 220 Nm mutet eher spärlich an. Doch es steht bereits bei 1.250 Touren an, und dank knackig-kurzer Übersetzung tritt der VW verblüffend temperamentvoll an. Er fordert den Fahrer flugs zum Hochschalten auf, hält munter mit im Stadtverkehr, hängt gut am Gas. VW setzt hier weiterhin auf ein Fünfganggetriebe, da sind andere Hersteller spendabler.

Aber dank kurzer Schaltwege und exakter Führung bereitet der Gangwechsel fast schon Freude. Schon bei nur 3.000 Umdrehungen liegt die volle Leistung an. Danach dreht der Diesel zwar tapfer weiter, doch es passiert nicht mehr sehr viel.

Bei Bedarf rennt dieser VW 152 Sachen, gar nicht schlecht.

Fünf Gänge müssen auch in der nächsten neuen Leistungsstufe mit 81 kW (110 PS) genügen. Sie löst die dicht beieinanderliegenden Maschinen mit 75 kW (102 PS) und 84 kW (114 PS) ab.

Auch hier gibt es mit 250 Nm nominell wenig Drehmoment, das VW mit Hilfe kurzer Übersetzungen ebenfalls recht gekonnt überspielt. Die zusätzlichen Reserven stehen dem T6.1 gut, damit erfüllt er in der Transporterszene schon viele Aufgaben, ein Alleskönner für den Alltag auf der Straße.

Neue, elektromechanische Lenkung
Seine wahre Leistungsfähigkeit zeigt der Transporter in der nächsten Variante mit 110 kW (150 PS) Leistung und vor allem 340 Nm Drehmoment. Reichlich Durchzugskraft, souveräne Leistungsentfaltung, Sechsgang-Schaltgetriebe – VW lässt sich den Sprung gut bezahlen, aber der Gegenwert ist hoch. Auch öffnen sich mit dieser Maschine weitere Türen. Auf Wunsch lassen sich nun der Allradantrieb 4-Motion und das DSG-Getriebe mit seinen sieben Gängen hinzuwählen, gerne auch beides kombiniert. Das DSG-Getriebe schaltet blitzschnell, reagiert nicht übernervös, ist indes technisch nicht so unkompliziert wie eine Wandlerautomatik. Besonders leistungshungrige Käufer sind eher im Multivan-Segment anzutreffen, sie schauen auf die Spitzenmotorisierung mit 146 kW (199 PS) und einer mächtigen Zugkraft von 450 Nm. Alle Motorvarianten entsprechen Euro 6d-Temp.

Das Fahrwerk des VW hat mit dem Leistungsangebot traditionell keine Mühe. Aufmerksamkeit verdient die neue, elektromechanische Lenkung. Sie arbeitet direkt, im Unterschied zu manch anderen Transportern auch sehr zielgenau und vermittelt guten Fahrbahnkontakt – Kompliment. Eher ein Fall für den hochwertigen Multivan: Mit der Fahrwerksregelung DCC lässt sich die Stoßdämpfung jetzt nahezu stufenlos einstellen. Fahrwerk im mittleren Bereich, Lenkung auf Sport – das vermittelt Komfort und Fahrspaß zugleich.

Um Sicherheit geht es bei den Assistenzsystemen. Hier hat VW mächtig zugelegt, auch durch die elektromechanische Lenkung. Ein aktiver Spurassistent warnt vor unbeabsichtigtem Verlassen der Fahrspur, der Park-Assistent rangiert den Transporter auf den Stellplatz, der Trailer-Assist erleichtert Rückwärtsfahren mit Anhänger. Ein Flankenschutz mit Ultraschallsensoren warnt vor Hindernissen im Umfeld, der Ausparkassistent überwacht den Querverkehr beim Rangieren aus Einfahrten und bremst bei Kollisionsgefahr. Wem dies alles bekannt vorkommt: Der Crafter hat damit angefangen.

Der große Bruder kennt jedoch noch nicht die neuen Infotainmentsysteme mit einer Vielzahl von Diensten und Funktionen. Dank SIM-Karte ist der Transporter online. Über das mehrstufige Telematiksystem „We Connect“ lässt er sich mit seiner Umwelt verbinden. Das führt bis zum Flottenmanagementsystem „We Connect Fleet“, das Dienste vom digitalen Fahrtenbuch über eine Verbrauchsanalyse bis zum Wartungsmanagement anbietet.

Wer mit all dem auftrumpfen kann, der ist auch als automobiler Senior von 16 Jahren noch nicht reif für die Rente. Für Multivan und Co. laufen sich zwar im Hintergrund allmählich die Nachfolger warm (siehe Kasten). Nicht aber für den VW Transporter als Nutzfahrzeug. Er dürfte als T6.1 oder besser T5.X volle zwei Jahrzehnte schaffen.

T6-Programm gestrafft
Der VW Transporter ist enorm vielfältig, der Van nach Maß ist Programm. Mit der Überarbeitung zum T6.1 nutzt VW indes die Gelegenheit, das Programm zu straffen. Das wenig nachgefragte halbhohe Dach für den Kastenwagen ist aus dem Programm verschwunden.

Gleiches gilt für den Benziner, der feine und elegante Motor war mit seinen CO2-Emissionen nicht zeitgemäß und zuletzt nur noch in China gewünscht. Mangels Interessenten gestrichen ist auch die Idee eines Gasmotors im T6, er liegt jedoch auf Basis des Zweiliter-Benziners abrufbereit im Konzernregal.

Die Reduzierung der Dieselvarianten von fünf auf vier Ausführungen ist kein Verlust, denn die Leistungsspanne ist unverändert groß. VW spart sich aber Millionen Euro für die inzwischen vorgeschriebenen, sehr aufwändigen Abnahmen.

Die Spitzenmotorisierung mit 146 kW (199 PS) gibt es jetzt ausschließlich mit DSG-Getriebe, in dieser Liga gewiss kein Nachteil. Auch die Konzentration von zwei Cockpits auf eine gemeinsame Armaturenanlage für Nutzfahrzeuge und die feineren PKW-Ausführungen ist Teil der Rationalisierung.

Den Unterschied machen jetzt die Instrumente – sie sind analog oder digital ausgeführt.

So geht es weiter
Die Karten liegen weitgehend offen auf dem Tisch – aus eins mach drei heißt die Devise für die Nachfolge des VW T6. Seine Nutzfahrzeugvariante wird VW noch einige Jahre ziehen, bis ein Nachfolger zusammen mit Ford auf den Rädern steht, so der Plan. Noch beschnuppern sich die Fachleute der Konzerne, noch gibt es keine Verträge. Doch das Ziel ist ausgemacht: gemeinsame Entwicklung auf einheitlicher Plattform unter der Federführung von Ford, unterschiedliche Karosserien, vermutlich gemeinsame Fertigung mit Ford in der Türkei statt in Hannover.

Dort nähert sich der T7 als Nachfolger des Multivan seinem Stapellauf, im Jahr 2021 ist es soweit. Vermutlich mit gestraffter Karosserie, somit mehr Van als Bus, das senkt den Verbrauch und damit die Emissionen. Zunächst als reiner Elektriker geplant, wird der T7 als Diesel an den Start gehen, auch ein Mild-Hybrid mit spritsparender 48-Volt-Technik könnte ihm stehen. Ein Jahr nach dem T7 folgen ID. Buzz und ID. Buzz Cargo.

Sie haben recht exakt das Formt das T6, doch mehr Platz dank perfekter Raumausnutzung. Denn das Duo tritt ausschließlich elektrifiziert an. Seine Basis bildet die MEB-Plattform von VW mit einer Kombination aus Hinterachse und Elektromotor – rund drei Jahrzehnte nach Ende des T3 feiert der Heckantrieb somit in modernisierter Form seine Wiederauferstehung.


Randolf Unruh