Große Hi-Way-Kabine, komfortable Innenausstattung, auffällige Abarth-Sonderlackierung und zahlreiche Fahrerassistenzsysteme – der Iveco Stralis AS 440 4×2 mit kräftigem 460-PS-LNG-Triebwerk ist ein echter Fahrertraum. Davon konnten wir uns bei einer Fahrt durchs bayerische Allgäu selber überzeugen.

Blauer Himmel, Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen – das Wetter im bayerischen Allgäu hätte Ende Februar kaum besser sein können. Ideale Bedingungen für eine Rundfahrt mit dem neuen Stralis AS 440 S 46. Eine 4×2-Standardsattelzugmaschine mit LNG-befeuertem 460-PS-Motor. Obwohl der Begriff „Standard“ hier nicht ganz zutreffend ist, denn Iveco hatte das Fahrzeug eigens in einer speziellen „Abarth“-Sonderedition auflegen lassen.

Ein besonderes Fahrerlebnis für die Test-Redaktion des KFZ-Anzeiger, kam die Fernverkehrszugmaschine mit großer Hi-Way-Kabine doch mit außergewöhnlich sportlich-eleganter Außenhaut und hochwertiger Innenausstattung daher. Das erlebt man – selbst als Nutzfahrzeug-Journalist – nicht alle Tage.
Doch nicht nur die Optik des italienischen Design-Trucks hat es in sich: Auch das effiziente Cursor-13-Triebwerk mit 12,9 l Hubraum überzeugte mit hoher Leistungsbereitschaft. So entfaltet es seine Nennleistung von 338 kW (460 PS) immerhin schon bei 1.600 bis 1.900 U/min. Und auch sein standfestes maximales Drehmoment von 2.000 Nm gibt der Cursor 13 bereits bei 1.100 bis 1.600 U/min ab.

Und so ging es dann auch auf der A7 mit dem Erdgas-Stralis von Ulm aus in Richtung Kempten im Allgäu zügig-elegant vom Stand weg und mit wenigen Gangsprüngen schnell auf das gewünschte Marschtempo.

Effiziente Antriebstechnologie
Zu Beginn des Tests stand vor allem eine zentrale Frage im Raum: Reichen 460 PS für den nationalen und internationalen Fernverkehr aus? Nicht zuletzt setzen immer mehr LKW-Hersteller auf Fahrzeuge jenseits der 500-PS-Marke.
Doch Iveco verfolgt hier einen anderen, progressiveren Kurs. Und fährt scheinbar richtig. Denn der wassergekühlte Sechs-Zylinder-Viertakt-Methan-Reihenmotor ist stark. Und überzeugte auf der Rundfahrt mit einer außergewöhnlich hohen Fahrharmonie, vor allem auch dank des exakten Zusammenspiels mit dem 12-Gang-Automatikschaltgetriebe ZF 12 AS Tronic – bei Iveco auch unter dem Namen Hi-Tronix bekannt – in 2-Pedaltechnologie mit Fahrprogrammregelung.

Das reagierte beim Vortrieb ziemlich schnell und präzise auf unsere Fahrpedalbefehle. Ein für den Fahrer überaus angenehme Eigenschaft. Hightech-Komponenten wie sequentielle, zylinderindividuelle Multipoint-Einspritzung mit Niederdruck-Common-Rail und Turbolader mit elek-tronisch geregeltem Wastegate-Ventil ermöglichen den vollen Leistungsaufbau bei mittleren Drehzahlen, was in diesen Bereichen für ein gutes Beschleunigungsvermögen sorgt – auch bergauf.

Gut bestückt
Weiterer Pluspunkt: Mit einem Leistungsverhältnis von etwa 14 PS/t und einem maximalen Drehmomentniveau von über 62 Nm/t ist das Testfahrzeug bei knapp 32 t Zuggesamtgewicht gut bestückt, so dass der Stralis-Pilot auch auf längeren Steigungen mit dem fließenden Verkehr locker mithalten kann und nicht unter Leistungsverlusten leiden muss.

Genug Power also, nicht nur für den überregionalen Verteilerverkehr, sondern auch für unterschiedlichste und anspruchsvollste Streckenprofile im internationalen Fernverkehr. Während der gesamten Fahrt lieferte der LNG-Cursor-13 eine ausgezeichnete Performance ab. Hinzu kommt eine gut eingestellte Zentralelektronik im Stralis, die mit der Steuerung von Kraftstoff-einspritzung, Turbolader, Tempomat/Bremsomat einschließlich ZF-Intarder sowie im Datenverbund mit dem AS-Tronic-Getriebe und Eco-Roll ein überaus positives Bild der Iveco-Zugmaschine zeichnete.

Die richtige Wahl
Beim Test hat sich gezeigt: Der Stralis 460 LNG ist im schweren Fernverkehr mit überwiegenden Gesamtzuggewichten um 30 t und wechselnder, hügeliger Topographie eine gute Wahl. Dabei fiel nicht nur die hohe Leistungsbereitschaft des Cursor-Triebwerkes positiv auf.
Auch ein sehr niedriger Methanverbrauch macht das Fahrzeug zum geeigneten Mittel für die Langstrecke. Das ist in Zeiten, in denen nach wie vor ein akuter Gas-Tankstellen-Mangel in Deutschland herrscht, besonders wichtig.

Fast durchgehend konnten wir den Stralis im grünen Drehzahlbereich zwischen 1.100 und 1.500 U/min bewegen. Unabhängig von der Topographie und Streckenführung. So hielten wir auch an anspruchsvolleren Steigungen unser Marschtempo von 84 km/h fast immer problemlos – in Drehzahlbereichen von 1.100 bis 1.200 U/min. Kein Problem für die 460-PS-Cursor-Version, die jeden Anstieg standfest und durchzugsstark meisterte.

Zudem überzeugte uns auch das einfache Handling mit perfektem Lenkverhalten. Möglich macht dies die innovative Kugelmutter-Hydrolenkung von ZF, die für eine hervorragend gedämpfte Lenkung, hohe Rückstellkräfte und ein treuer Geradeauslauf sorgt.

Auch in Sachen Geräuschkulisse in der Kabine hat Iveco in den letzten Jahren einiges getan. Die ist bei der neuen Stralis-Generation noch niedriger, der extrem leise LNG-Motor trägt sein übriges zur Reduzierung der Geräusch-Emission bei.

Eine ausgereifte Komfortabstimmung von Fahrwerk, Kabinen- und Sitzfederung und sehr gute Sichtverhältnisse auf das Verkehrsgeschehen – auch dank der sinnvoll angeordneten Seitenspiegel – vermitteln das Gefühl von Sicherheit und bieten ein angenehmes Fahrerlebnis.

Feiner Unterbau
Unterhalb der Kabine arbeitet ein sauber abgestimmtes Fahrgestell mit zahlreichen nützlichen Komponenten. Hierzu gehört auch die Rundum-Ausstattung mit Scheibenbremsen sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterachse.

Bei der Dauerbremse setzt Iveco auf einen hydrodynamischen Intarder von ZF. Sie hält das Fahrzeug auch auf langen Gefälleabschnitten exakt auf der gewählten Geschwindigkeit oder bremst bei Bedarf herunter – ohne die Betriebsbremse zu verschleißen. Eine Motorbremse gibt es nicht. Sie wurde im Test aber aufgrund des Intarder-Einsatz auch nicht vermisst.

Eine Einblatt-Parabelfeder an der Vorderachse sowie Luftfederung an der Hinterachse sorgen für einen hohen Fahrkomfort während des Einsatzes. Zudem befinden sich an der Vorder- und Hinterachse je zwei hydraulische Teleskopstoßdämpfer.
Die Antriebsachse ist einfach übersetzt. Beim Rahmen kommt ein doppelt gekröpfter Leiterrahmen in U-Profil zum Einsatz.

Links und rechts am Rahmen montiert sind die beiden Kryogen-Tankspeicher (je 540 l) zur Aufnahme des LNG-Kraftstoffes. Noch verhindert die ausladende Bauform der Tanks das Anbringen einer Seitenverkleidung, doch das soll sich schon bald durch verschiedene Modifikationen am Fahrwerk ändern. Zudem sind die Tanks bei unserer Abarth-Sonderedition durch ihre auffällige sportlich-elegante Lackierung ein echter Blickfang.

Neue Zeiten
Eigentlich schade, dass der Stralis in Deutschland noch immer mit Imageproblemen zu kämpfen hat, vor allem bei den Fahrern. Daran konnte auch die Vorstellung des neuen Stralis im Jahr 2016 nicht viel ändern. Dabei ist er weitaus besser als sein Ruf.

Seit Iveco verstärkt auf die Serienfertigung von emissionsarmen Gas-LKW für den Fernverkehr setzt, spricht sich das auch so langsam in der Transport-Branche herum.

Die Befreiung von Mautkosten und die Förderung durch den Bund lassen LNG-Trucks allmählich salonfähig werden. Das gilt ganz besonders für den Erdgas-Pionier aus Italien. Transportunternehmen, die bisher wenig mit Iveco zu schaffen hatten, nehmen nun nach und nach die umweltfreundlichen LKW in ihre Fuhrparks auf.

Und was anfangs aus Kosten- und Image-Gründen passiert, hat den positiven Nebeneffekt, dass die konservativen Berufskraftfahrer jetzt alte Vorurteile gegen den Stralis langsam abzubauen beginnen – ganz einfach aus dem Grund, dass sie plötzlich ein solches Fahrzeug selber fahren und dabei seine Vorzüge erkennen. So ändern sich die Zeiten.

Mit stylischen Sondereditionen wie dem Abarth-Stralis will Turin verstärkt die Nähe zum Fahrer suchen. Und die Strategie kann durchaus aufgehen. Denn was die Ingenieure hier auf die Beine – oder besser gesagt auf die Straße – gebracht haben, ist ein echter Fahrertraum. Zahlreiche Zierelemente in sportlichem Racing-Rot lackiert, dazu weiße und schwarze Applikationen an den Felgen und außen an der Fahrerkabine, ein großer Abarth-Schriftzug auf der Sonnenblende sowie das Abarth-Logo links und rechts über den Türen – der Spezial-Stralis zieht nicht nur die Blicke der LKW-Fahrer auf sich. Auch andere Verkehrsteilnehmer bleiben angesichts des einzigartigen Äußeren stehen und bestaunen die schmucke Iveco-Schöpfung.

Stilvoll unterwegs
Die einzigartige, stilvolle Optik setzt sich innen im Fahrerhaus fort. Überall in der geräumigen Hi-Way-Kabine lassen sich die Stilelemente des Exterieurs wiederfinden.

Im Mittelpunkt: die Rot-schwarzen Ledersitze mit „Abarth“-Bestickung, die nicht nur gut aussehen, sondern dem Fahrer auch während der Fahrt ausreichend Halt und Komfort bieten.

Hinzu kommen das sportliche Abarth-Multifunktions-Lenkrad sowie eine elegante Abarth-Fußmatte, die die Herzen von Rennsport- und Tuning-Fans höher schlagen lassen.

Die Hi-Way-Kabine lässt als extra lange Top-Version selbst im internationalen Fernverkehr mit rund 2,50 m Breite und mit knapp 2,10 m Stehhöhe auf dem nur 23 cm hohen Motortunnel kaum noch Wünsche offen. Hochwertige Materialen sowie eine geschickten Aufteilung in Arbeits-, Lebens- und Schlafbereich schaffen eine hohe Wohlfühlkultur.

Im hinteren Teil der Kabine befindet sich die komfortabel ausgestattete Ruhezone mit drehbarem Beifahrersitz, großzügigem Schlafbereich (Bett zirka 80 cm) einschließlich verstellbarem Kopfteil als Rückenlehne, Flachbildfernseher mit Fernbedienung und Kühlschrank. Eine Standheizung und die automatische Klimaanlage sorgen zu jeder Jahreszeit für die richtige Temperierung im Fahrzeug.

Und auch der Arbeitsbereich kann dank hervorragender Ergonomie, klarer Linienführung des Cockpits, übersichtlicher Instrumentierung, griffigem Multifunktionslenkrad und intuitiver Bedienbarkeit beeindrucken. Hinzu kommen großzügige Stauräume über der Windschutzscheibe in Wohnmobil-Qualität und unter der Liege die beliebten, auch von innen zugänglichen Außenstaufächer mit reichlich Volumen fürs Gepäck.

Hightech-Fahrerassistenz
Auch sonst hat der „Abarth“-Stralis 460 LNG dank Scheibenbremsen rundum und EBS mit integrierten ABS- und ASR-Funktionen, Hillholder sowie ESP, Aktiv-Notbremsassistent AEBS und Spurverlassenswarner (LDWS) einiges zu bieten. Außerdem stehen noch ACC-Tempomat und Fahrer-Ermüdungserkennung (DAS) zur Verfügung.

Mit dem ECO-Komplettpaket kommen weitere Assistenzsysteme wie Aktiv-Fahrstilanalyse (DSE), ECO-Switch, ECO-Fleet und ECO-Roll hinzu. Mit seinem Hi-Cruise-System bietet Iveco nun endlich auch einen GPS-gesteuerten Tempomaten, der mit Hilfe von GPS-Navigation und Geländedaten die Straßentopographie im Voraus erkennt und verbrauchsoptimierte Fahrstrategien berechnet.

Fast unverzichtbar: das gut durchdachte Telematiksystem Iveconnect als Fahrerassistenz und Flottenmanagement mit Multimedia-Entertainment, Informationen und Fahranalyse in einem intelligenten System. Damit lassen sich Infotainment, Telefonie, Navigation, Fahrerassistenzsysteme und Flottenma- nagement intuitiv, zentral und spielend einfach über das im Armaturenbrett integrierte Sieben-Zoll-Touchscreen-Display bedienen.

Ebenfalls eine unverzichtbare Funktion an Bord: der neue Abbiegeassistent. Den bietet Iveco nun erstmals seinen Kunden als buchbare Option. Ein Feature, das – angesichts der vielen tödlichen Abbiegeunfälle im Straßenverkehr – einen großen Gewinn für die Verkehrssicherheit darstellt.
Über ein Kamerasystem und Sensoren außerhalb der Fahrerkabine werden bei einem Tempo unterhalb von 30 km/h andere Verkehrsteilnehmer beim Abbiegevorgang erfasst.

Im Falle einer drohenden Kollision wird der Fahrer dann über einen Monitor sowie mit einem akustisches Signal in der Kabine gewarnt und kann entsprechend achtsam reagieren.

Technische Daten

Motorleistung: 338 kW (460 PS)
bei Drehzahl: 1.600–1.900 U/min
Max. Drehmoment: 2.000 Nm
bei Drehzahl: 1.100–1.600 U/min
Zylinderzahl: 6
Bohrung x Hub: 135 mm x 150 mm
Hubraum: 12.880 cm3
Mittlere Kolbengeschwindigkeit: 9,5 m/s
(bei Nenndrehzahl)
Grüner Drehzahlbereich: 1.100–1.500 U/min
Gewicht (ohne Öl): 1.240 kg
Zweizylinder-Luftpresser: 630 cm3

Fazit
Im Test präsentierte sich der Stralis 460 LNG als innovatives, sicheres und leistungsstarkes Flottenfahrzeug, das Fahrern und Unternehmern einiges zu bieten hat. Und das liegt nicht nur an seinem überaus ansprechenden äußeren Auftreten.

Klar, das sportlich-elegante „Abarth“-Outfit spricht jeden designaffinen Piloten und Unternehmer sofort an. Doch das Fernverkehrs-Flaggschiff kann vor allem mit seinen inneren Werten punkten. Dazu gehören das ansprechenden Interieur in der Hi-Way-Kabine ebenso wie die beeindruckenden Fahreigenschaften.

Rechnet man die niedrigen Kraftstoffverbrauchswerte – unter anderem ein Ergebnis des neuen GPS-gestützen Tempomats – sowie die deutlichen Einsparungen durch die Befreiung von der Maut hinzu, dann wird schnell klar: Der LNG-Stralis kann sich lohnen. Und das nicht nur für den Nischen-Transporteur. Oder anders gesagt: Iveco erreicht mit dem Erdgas-Stralis die – absolut verdiente – Salonfähigkeit im deutschen Logistiksektor.

Ebenso darf nicht die Förderfähigkeit durch das De-minimis-Programm außer Acht gelassen werden. Denn für den Ausbau des alternativen Kraftstoffs LNG lässt sich der Bund jährlich einiges an Zuschüssen kosten.

Nun gibt es allerdings noch die Sache mit dem bisher noch recht dünnen Gas-Tankstellen-Netz in Deutschland. Natürlich, hier muss noch einiges passieren, Bund und Länder dürfen den Trend nicht verschlafen. Doch angesichts der enormen Reichweiten der LNG-Trucks von Iveco – diese liegen bei den Doppeltanks mit Volumen von rund 1.080 l bei bis zu 1.400 km und mehr – lässt sich in der Praxis meist auch dafür eine sichere Lösung finden.

Philipp Bönders