Der niederländische LKW-Hersteller hat nachgelegt, mit einem Leistungs- und Drehmomentzuschlag für den MX11-Motor und neuem Traxon-Getriebe von ZF. Jetzt sind wir am Zug, unter erschwerten Bedingungen muss der DAF-Kippsattel Farbe bekennen. 

Die Ambitionen sind nicht zu übersehen. DAF möchte auch im Baugeschäft zulegen und sieht zuerst im Kippsattel-Bereich seine Chancen. Als bautaugliches Fahrerhaus ist die CF-Kabine schnell ausgemacht, darunter installieren die Niederländer gern ihren hochmodernen MX11-Sechszylinder. Im Zuge einer gründlichen Modellpflege zur Euro-6C-Einführung wurde der Antriebsstrang komplett renoviert, auch sonst soll der CF mit einigen Neuheiten aufwarten.
Also rein in die Grube. Wobei wir für vergleichbare Bedingungen diesmal keine Hand ins Feuer legen. Der jüngste Schneefall und die begleitende Kältewelle haben das MKU-Kieswerk im Osten von München fast schachmatt gesetzt. Auch uns, schon die erste Prüfung gerät fast zum Desaster. Die schnelle Leerfahrt über eine Schlaglochpiste hat es in sich: Hier wollen wir den Kippauflieger auf Poltern und Dröhnen prüfen, wobei sich das Meiller-Fahrzeug sehr ruhig verhält. Beim Umdrehen geraten wir auf verschneites Glatteis, dann ist es mit der Traktion auf der Hinterachse nicht mehr weit her. Aber das rechnen wir dem DAF nicht negativ an, es ist ja eher eigenes Unvermögen.

Vorzugsweise die lange Kabine
Weil sich ja vieles verändert hat, beim Fahrerhaus, den Motoren, dem Abgassystem, Getriebe und Achsen, soll uns zuerst die Waage Auskunft geben: Wie steht es jetzt um die Nutzlast? Der DAF CF 450 zählt zur leichten Kavallerie, mit 430 Liter Kraftstoff plus Fahrer wiegt er 7.300 Kilo. Der Meiller-Kippauflieger bringt mit 23-m3-Stahlmulde 6,4 t auf die Waage. Wir ordern beim Radlader-Kollegen gut 26 t Ladung und schließen nach dem Beweisfoto die Rollplane.
Nicht zu übersehen auf den ersten Blick: Die CF-Kabine zählt nicht zu den Neuerungen. Sie ist bekanntlich eng geschnitten, deshalb darf es gern das Sleeper Cab sein. Damit schafft man auch längere Distanzen, wenngleich es nicht gleich der Baustoff-Fernverkehr sein muss. Aber im Nah- und Regionalverkehr ist sie noch immer State of the Art. 200 Kilo leichter als das opulente XF-Fernverkehrsfahrerhaus, schlank genug und sehr übersichtlich in städtischen Gefilden.
Der erste Schritt Richtung Arbeitsplatz fällt nicht leicht, da dürfte man dem Fahrer gern etwas mehr entgegen kommen. Auf 1,50 m Höhe kommt man dann an, nicht so gut wie der neue Scania XT, aber auch nicht schlecht. Die Schlechtwege-Vorsorge ist prima, man kann sich unbesorgt in Kiesgruben und Deponien wagen. Dank der ungekröpften Vorderachse gibt es genügend Böschungswinkel und Bodenfreiheit vorn. Kühler und Ölwanne liegen gut geschützt hinter massiven Blechen, der Stahlstoßfänger hält auch einen Rempler aus. Innen bleibt es beim hohen Motortunnel, der beim Umsteigen nach rechts erklommen werden will – auch wenn man in die Liege will. Wenn es ein DAF CF werden soll, empfehlen wir ausdrücklich das längere CF-Fahrerhaus: Es bietet deutlich mehr Platz und Stauraum innen und außen. Es kostet ja auch nicht viel Nutzlast. Uns überzeugt die Kamera am Dachrand rechts – als Abbiegeassistent light sozusagen. Mit dem Blinkersetzen rechts zeigt der Monitor das Verkehrsgeschehen in einem weiten Radius. Da sieht der Fahrer den Passanten nahe der Bordsteinkante, auch den Radfahrer etwas weiter weg. Aber der Blick in den Monitor lenkt die Aufmerksamkeit vom Spiegel auf das Display, ein richtiges Warnsystem wäre uns natürlich lieber.

Moderate Leistungsspritze
Wenn man auf die Nutzlast achtet, muss natürlich die MX11-Maschine ran. Die hat zur Erfüllung der Euro-6C-Abgasnorm auch mehr Leistung und Drehmoment, wir sind gespannt, wie die Fahrbarkeit ausfällt. Die niederländischen Motorentechniker haben die Sechszylinder an vielen Ecken und Enden aufgepeppt. Statt 435 PS sind es nun 449, aber viel wichtiger ist die Anhebung des Drehmoments um 100 beziehungsweise 200 Nm. 100 mehr gibt es immer, und das Beste: schon ab 900 Touren. Weitere 100 Nm sind nur im 12. Gang zu haben, bei DAF spricht man von „Multitorque“, der Effekt ist wohl nur auf der Autobahn zu nutzen.
Wie man hört, soll das Getriebe das Nadelöhr sein, der CF ist natürlich sehr knapp kalkuliert. Aber auch so fährt sich der DAF CF entschieden anders. Denn der relativ kleine Reihensechszylinder tritt beim Anfahren stämmiger an, man könnte fast eine größere Maschine vermuten. Auch mit 40 t Gewicht fühlt sich der Sattelzug nicht untermotorisiert an. Obwohl es bei der ziemlich schnellen Antriebsauslegung bleibt. Wie bisher kurbelt der erstarkte MX11 bei Tempo 85 auf der Autobahn nur 1.160 mal in der Minute. An einer kleine Steigung kann der Sechszylinder im 12. Gang noch 100 Nm nachlegen, um präzise zu sein: zwischen 900 und 1.125 Touren.
Fürs Baugeschäft ist es eher wenig relevant. Aber wenn wir im 11. Gang über die Landstraße cruisen, knickt der DAF jetzt nicht mehr ein wie früher. Er hat das richtige Format für Landstraßen aller Art, auch weil alle 449 Pferdestärken schon bei 1.600 Umdrehungen parat stehen. Wenn Schwung und Drehmoment nicht reichen, wechselt das neue Traxon-Getriebe hurtig die Gänge. Die Anschlüsse passen besser, es geht deutlich flotter voran. Auch wenn uns die DAF-Eigenheiten nicht so liegen: Einen Kickdown gibt es nicht, nach wie vor kann der Fahrer nur manuell eingreifen, wenn er den Ecomodus verlässt. Ist ja nur ein Tastendruck am Funktionsschalter rechts, der aber dem Fahrer mehr Handlungsfreiheit bietet. Die früher zehnprozentige Drehmomentreduzierung im Ecomodus für die Gänge 1 bis 11 ist passé, gut so. Eco beeinflusst nur noch die Schaltstrategie, das Getriebe schaltet früher, um die Drehzahlen und den Kraftstoffverbrauch zu senken.

Mit breiterer Spreizung
So nervt der DAF CF nicht mit eigenwilligem Verzichtgehabe. Das neue Traxon-Getriebe, jetzt mit breiterer Spreizung und einem Neigungssensor, legt immer den passenden Anfahrgang ein. Bei Leerfahrt kann es Gang 5 sein, voll beladen in der Steigung auch mal der langsame erste. Mit „Dynamic Cruise“ kennt der GPS-Tempomat die Fahrstrecke und sortiert Gänge passend. Er regelt die gewünschte Fahrgeschwindigkeit mit Schwung vor einer Steigung, bergab lässt er den Zug rollen, aber nur wenn es nicht zu steil wird.
Auch der Fahrkomfort ist noch einen Tick besser, der um 200 mm verlängerte Radstand verbessert den Geradeauslauf und das Nickverhalten signifikant. Die Grundabstimmung hat schon bisher gestimmt. Die langen Zweiblattfedern an der Vorderachse stecken vieles weg und die Luftbälge der Antriebsachse federn beladen exzellent und leer nicht ruppig. Ein tadelloses Fahrwerk, auch die Lenkung verdient sich ein Kompliment. Sie führt den schweren Sattelzug zielsicher auch über Marterpisten, mit dem verlängerten Radstand entfällt jetzt manche Korrektur. Nur etwas mehr Servounterstützung würden wir uns beim Rangieren wünschen.
Wenig ist zur Bremsanlage zu sagen. „Unauffällig gut“ steht im Testprotokoll. Die EBS-Scheibenbremsen packen kräftig zu, das Meiste erledigt die Motorbremse. Der Retarder wurde eingespart, aber die Motorbremse verzögert jetzt mit 340 kW Leistung, und das automatisierte Getriebe sorgt für die richtigen Drehzahlen. So lassen sich mit etwas Umsicht selbst längere Gefällstrecken mit kalter Betriebsbremse passieren.
Auch wenn die schneeglatten Wege unsere Fahrversuche im Gelände behindern, warten noch einige Schikanen auf den Test-Sattelzug. Anfahren auf der Kiesrampe ist so ein Fall. Dort kommt man jetzt mit dem kürzeren ersten Gang besser zurecht, auch wenn das neue Getriebe wie bisher keinen Offroad-Modus bietet. Denn der ist bei DAF nur für Fahrzeuge mit AP-Achsen üblich.
Aber man kann sich behelfen, das Zauberwort heißt „Performance“, so lässt sich dem DAF-Motor mit höheren Drehzahlen mehr Leistung entlocken. Zuerst deaktiviert man besser die Traction Control, damit wird die ASR-Funktion abgeschaltet. Und vorab sollte man den Getriebemodus „Manuell“ wählen, denn mit einer unpassenden Schaltung bei hohen Fahrwiderständen kommt die Fuhre gleich wieder zum Stehen. Gefühlvoll rangieren klappt auch, vorwärts wie rückwärts, die nötigen Funktionen sind am DNR-Schalter mit Schildkröten gekennzeichnet.

 

Technische Daten

Motor:
Reihensechszylinder MX-11, zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung mit EDC-Motormanagement, VTG-Turbolader und Ladeluftkühlung, abgasarm nach Euro 6C mit Abgasrückführung, SCR-Abgasnachbehandlung und Partikelfilter.
Hubraum: 10.800 cm³
Nennleistung:
330 kW/450 PS bei 1.600/min
Max. Drehmoment:
2.200 Nm bei 900–1.400/min
Multitorque im 12.Gang: 2.300 Nm bei 900–1.125/min

Kraftübertragung:
Automatisierte Einscheiben-Trockenkupplung, automatisiertes 12-Ganggetriebe ZF Traxon DD. Übersetzungen 16,69 – 1, Hypoid-Hinterachse SR 1344 mit Differenzialsperre, Übersetzung 2,79 : 1.

Fahrwerk:
Vorderachse: Gerade Faustachse 167N mit 2-Blattparabelfedern, Stoßdämpfer, zul. Achslast 8 t. Luftgefederte Hinterachse SR 1344, Stoßdämpfer, technisch zul. Achslast 13 t; Stabilisatoren an beiden Achsen; Bereifung Testfahrzeug: VA 385/65 R 22,5; HA 315/80 R 22,5

Bremsanlage
und Sicherheitssysteme:
Zweikreis-Druckluftbremsanlage mit elektronischer Regelung (EBS mit ABS und ASR), Vorderachsen mit Scheibenbremsen, Hinterachsen mit Trommelbremsen, Dauerbremse MX-Motorbremse.
ESP-System VSC, ACC, FCW und AEBS (Notbremsassistent)
Maße und Gewichte:
Radstand: 3.800 mm
Kraftstofftank: 430 l
Hydrauliktank: 180 l
Adblue-Behälter:45 l
Leergewicht: 7.300 kg
Zul. Gesamtgewicht: 18.000 kg
Testgewicht : 39.800 kg

Meiller-Auflieger MHPS 44/3
Kippsattelauflieger mit Halfpipe-Mulde aus Stahl, Boden 5 mm, Seitenwände 4 mm dreiachsige Ausführung mit scheibengebremsten SAF-Achsen mit Luftfederung, 1. Achse liftbar mit Anfahrhilfe, Hochdruck-Kipphydraulik mit Front-Teleskopzylinder, Pendelrückwand außenliegend, elektrische Schiebeplane.
Ladevolumen: 23 m³
Leergewicht: 6.380 kg
Rechnerische Nutzlast: 32.620 kg
Zul. Gesamtgewicht: 39.000 kg

Wolfgang Tschakert