Onlinebörsen haben den Austausch von Waren und Dienstleistungen revolutioniert. Dank neuer Technologien finden softwarebasierte Marktplätze nun auch zunehmend in Branchen mit komplexer Angebots- und Nachfragedynamik neue Anwendungsmöglichkeiten, wie etwa im Logistik- und Transportwesen. Aktuell fahren LKW in der EU rund 20 Prozent der jährlich zurückgelegten Strecke leer. In Deutschland sind es mit 6,6 Milliarden Kilometern sogar 22 Prozent. Durch den Zugriff auf Routenplanungs- und Frachtdaten sowie die Verwendung KI-basierter Matching-Modelle könnten digitale Marktplätze optimale Routen identifizieren und die Anzahl der leeren oder halb leeren Fahrten um 10 bis 20 Prozent reduzieren, was für Deutschland bis zu rund 1,3 Milliarden Kilometer bedeuten würde.
„Softwarebasierte Logistikmarktplätze bieten die Möglichkeit, den LKW-Verkehr unternehmens- und branchenübergreifend zu transformieren und stellen den Gütertransport vor einen beispiellosen Wandel. Beispielsweise drängen Tech-Unternehmen in den Markt, die vor allem in der digitalen Auftragsplanung effizienter sind als etablierte Systeme. Auch immer mehr Investoren erkennen die Wachstumschancen: Das Dealsvolumen nimmt seit 2016 kontinuierlich zu und erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 276 Millionen US-Dollar in Europa“, kommentiert Bernd Jung, Partner bei Strategy& Deutschland.
Der Markt für Gütertransporte ist stark fragmentiert und operiert in weiten Teilen noch immer offline. Insgesamt machen die führenden sechs Logistikanbieter lediglich 7,1 Prozent des europäischen Marktes aus. Zudem liegen etablierte Spediteure beim digitalen Know-how noch nicht auf Augenhöhe mit Tech-Unternehmen. Hinzu kommen niedrige Margen von durchschnittlich 2 Prozent, die es schwierig für einzelne Unternehmen machen, signifikante Investitionen in digitale Projekte zu realisieren.
Langfristig werden nicht nur softwarebasierte Markplätze die Transportbranche umfassend verändern. Als weiterer Effizienztreiber der Zukunft gelten autonome LKW, die optimal in das entstehende Netzwerk digitaler Logistikmarktplätze integriert werden könnten. Eine Automatisierung würde fahrerbezogene Einschränkungen wie Verfügbarkeit, Qualifikationen, Ruhezeiten oder Krankheiten umgehen, und so den Transport von Waren noch effektiver gestalten. Automobilhersteller arbeiten bereits mit dem Einsatz autonomer LKW an „Trucking-as-a-Service“-Konzepten und gehen strategische Partnerschaften mit digitalen Spediteuren ein, um so zu äußerst effizienten Anbietern in der Logistikbranche aufzusteigen.