Das europäische Verkehrspolizei-Netzwerk ROADPOL, die Europäische Vereinigung für Unfallforschung und Unfallanalyse (EVU) und die Fahrzeugprüforganisation, DEKRA, fordern die Europäische Kommission dringend auf, eine spezifische Gesetzgebung für den Mobilitätssektor in Bezug auf den Zugang zu sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten zu erlassen.
Seit fast 100 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit auf den Straßen, doch durch die hochautomatisierten Fahrfunktionen und -assistenzsysteme sieht DEKRA Vorstandschef Stan Zurkiewicz die Verkehrssicherheit zunehmend gefährdet. Gemeinsam mit ROADPOL und der EVU hat der Verein nun in einem Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, auf die möglichen Konsequenzen einer Verzögerung bei der Gesetzgebung hingewiesen: „Verzögerungen haben reale Auswirkungen auf die Sicherheit von Fahrzeugen und den Umweltschutz“, heißt es in dem Schreiben. Ein Vorschlag zur Ausweitung der Rechtsvorschriften für die Typgenehmigung liegt zwar schon vor, wartet jedoch auf Weitergabe und läuft Gefahr, bis nach der nächsten Europawahl 2024 verschoben zu werden.
„Mit zunehmend automatisierten und vernetzten Fahrzeugen ist der Zugriff auf die relevanten Fahrzeugdaten unabdingbar – sonst können Polizei und Staatsanwaltschaft sowie Kfz-Prüforganisationen und Unfallanalytiker ihre wichtigen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen“, so Zurkiewicz. „Eine Verzögerung der europäischen Gesetzgebung in diesem Bereich widerspricht unseren gemeinsamen Zielen der Verkehrssicherheit und Nachhaltigkeit und dem Interesse der europäischen Verbraucher.“
Unfall-Forensik im Mobilitätszeitalter 4.0
Vor allem für die Ermittlung von Unfallursachen werden die im Fahrzeug generierten Daten in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. „Die Polizei braucht direkten Zugriff auf verlässliche Fahrzeugdaten, um forensische Beweise für die Rekonstruktion des Unfalls zu sichern“, erklärt ROADPOL-Präsidentin Elvira Zsinkai. Und EVU-Präsident Jörg Ahlgrimm ergänzt: „Unfallanalytiker werden nur herausfinden können, was passiert ist, wenn die relevanten Daten für sie zugänglich sind – ohne Einschränkungen durch Hersteller oder Systemanbieter. Bald wird es nötig sein, herauszufinden, ob ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Person auf dem Fahrersitz oder von einem automatischen System gesteuert wurde. Die Behörden müssen in solchen Fällen unbedingt einen einfachen und schnellen Zugriff auf die entsprechenden Daten haben.“
Aber auch bei Fahrzeugprüfungen, um die Sicherheit und die Einhaltung von Umweltvorschriften während des gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen zu gewährleisten, sind die Fahrzeugdaten eine wichtige Informationsquelle. „Wenn Fahrzeugsysteme von Software abhängig sind, wie zum Beispiel Fahrerassistenzsysteme und automatisierte Fahrfunktionen, brauchen Behörden und unabhängige Prüforganisationen Zugang zu vertrauenswürdigen, unveränderten und ungefilterten Daten, um die korrekte Funktion zu überprüfen.“
Die Experten von ROADPOL, EVU und DEKRA fordern daher einen nutzerzentrierten Ansatz und einen Datenzugang nach den so genannten „FRAND“-Prinzipien, also einen fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Zugang („fair, reasonable and non-discrimnatory“).