Digitale Unterstützung
Herausforderung Fahrermangel: Speditionen suchen Lösungen und Doll unterstützt mit Assistenzsystemen & Co.
Der Fahrermangel setzt die Schwerlastbranche zunehmend unter Druck. Laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fehlen derzeit mehr als 70.000 qualifizierte Lkw-Fahrer. Gleichzeitig bleibt der Transportbedarf unverändert hoch. Für viele Speditionen wird es daher immer schwerer, jeden Auftrag zu besetzen. Fallen einzelne Transporte aus, geraten ganze Lieferketten ins Wanken. Eine Verbesserung der Situation scheint nicht in Sicht. Die Speditionen müssen deshalb neue Wege gehen.
Nach Angaben des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) scheiden jährlich rund 30.000 erfahrene Lkw-Fahrer altersbedingt aus, während pro Jahr nur etwa 17.000 Nachwuchsfahrer nachrücken. Besonders deutlich zeigt sich der Mangel im Schwertransport. Hier sind die Anforderungen an die Fahrer besonders hoch. Benötigt werden Fahrer, die in der Lage sind, die komplexe Fahrzeugtechnik zu beherrschen und auch mit anspruchsvoller Ladung verantwortungsvoll umzugehen. Solche erfahrenen Spezialisten sind nicht leicht auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
Sind Quereinsteiger die Lösung?
Um ihre Aufträge besetzen zu können, greifen immer mehr Speditionen auf Quereinsteiger zurück, die personelle Engpässe abfedern sollen. „Allerdings reicht als Qualifikation für den Schwerlasttransport der CE-Führerschein allein nicht aus“, gibt Mathias Neumayer zu bedenken. Neumayer ist Produktmanager Schwertransport bei Doll, einem führenden deutschen Hersteller von Schwertransportfahrzeugen in Europa. „Ein Tiefbett millimetergenau zu manövrieren, erfordert viel Erfahrung. Man muss die Nachlenkung der Achsen und die Hydraulik präzise beherrschen.“
Seine Einschätzungen stützen sich vor allem auf Rückmeldungen von Doll-Kunden, die ihre Erfahrungen aus der Praxis schildern. Neue Fahrer brauchen oft Wochen, wenn nicht sogar Monate, um alle Funktionen der Spezialfahrzeuge sicher zu beherrschen. Doch dafür fehlen den meisten Unternehmen die Ressourcen. Die Speditionen setzen deshalb zunehmend auf hochmoderne digitale Assistenzsysteme. Sind die Fahrzeuge damit ausgerüstet, können sich auch weniger erfahrene Fahrer schnell in die komplexe Fahrzeugtechnik einarbeiten und diese fehlerfrei bedienen.
Doll stattet seine Schwerlastfahrzeuge beispielsweise mit dem digitalen Steuerungssystem „Doll control“ aus. Über ein robustes Farbdisplay am Rahmen lassen sich sämtliche Trailerfunktionen steuern und überwachen. Das Display gibt klare Hinweise in ganzen Sätzen, statt mit kryptischen Anzeigen die Fahrer zu verwirren. Die Bedienoberflächen nutzen überdies eindeutige Symbole, zum Beispiel für das Absenken oder Anheben der Ladefläche. „Assistenzsysteme müssen intuitiv sein“, so Neumayer. „Wer ständig im Handbuch blättern muss, verliert Zeit.“ Alle Auflieger-Funktionen lassen sich auch über die Funkfernbedienung „Doll connect“ steuern. Der Fahrer kann so einfach vom Fahrersitz aus in die Lenkung eingreifen oder das Fahrniveau einstellen. Die Anzeigen von Fernbedienung und Display lassen sich auf verschiedene Sprachen umstellen. Dadurch können auch angeworbene Fahrer aus Polen oder Tschechien die komplexen Fahrzeuge ohne Sprachbarriere bedienen.
Unfälle und Ausfälle vermeiden
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unfallverhütung. Wenn wenig Fahrer zur Verfügung stehen, erhöht sich der Zeitdruck und damit das Risiko, durch Fehlbedienungen Unfälle zu verursachen. Die digitalen Systeme helfen dabei, Fehlbedienungen und Unfälle nachhaltig zu vermeiden. Beispielsweise durch eine moderne Sensorik, die permanent die zentralen Funktionen überwacht, darunter die Achslasten, den Füllstand der Zentralschmieranlage oder die Überwachung der Abdrückzylinder unterhalb des Schwanenhals. Treten Gefahren auf, wird der Fahrer sofort gewarnt. „Mit knappem Personal kann sich keine Spedition leisten, dass Fahrzeuge wegen Schäden stillstehen, die leicht zu vermeiden gewesen wären“, sagt Neumayer. „Das fängt schon bei einfachen Dingen wie den Abdrückzylindern am Schwanenhals an. Ist der Schwanenhals wieder angedockt, müssen sie vor der Abfahrt noch eingefahren werden. Eine Routineaufgabe, die im hektischen Alltag schnell mal vergessen werden kann. Unsere Systeme warnen den Fahrer dann sofort.“
Die Systeme schützen den Fahrer auch vor gravierenderen Risiken, wie zum Beispiel falscher Beladung. Die Achslastanzeige im Auflieger überträgt die Daten in Echtzeit auf das Farbdisplay. Auf diese Weise kann der Fahrer die Ladung genau im Lastzentrum positionieren. Ist die Ladung ungleich verteilt oder sind einzelne Achsen überlastet, wird dies im 7-Zoll-Farbdisplay DOLL control oder auf der Funkfernbedienung Doll connect angezeigt. Eine „Wasserwaagen“-Funktion überwacht außerdem die Seitenneigung des Fahrzeugs. Steht der Auflieger auf einem unebenen Waldweg oder einer seitlich abschüssigen Straße, stellt das System die Ladefläche mit einem Knopfdruck automatisch waagerecht.
Mehr Transporte mit wenig Personal
Auch erfahrene Fahrer profitieren von der Digitalisierung im Schwertransport. Die Assistenzsysteme automatisieren komplexe Arbeitsschritte, die vorher viele einzelne Handgriffe erforderten. Auf diese Weise sparen die Routiniers Zeit und können mehr Fahrten übernehmen. „Um die Ladefläche anzuheben, musste der Fahrer früher aussteigen und die Hydraulik manuell betätigen“, erläutert Neumayer. „Heute lässt sich alles aus dem Fahrerhaus per Fernbedienung steuern. Mit einem Tastendruck fahren alle Achsen gleichzeitig auf eines der vier voreingestellten Fahrniveaus hoch.“
Ein weiteres Beispiel: Wenn der Fahrer das Fahrzeug nach dem manuellen Nachlenken wieder einspuren möchte, reicht ebenfalls ein Knopfdruck auf der Fernbedienung. Ein manuelles Ausrichten der Achsen auf gerader Strecke ist nicht mehr nötig. Möglich macht das die elektronische Einspurung „Doll EEP“, die sogar bei langsamer Kurvenfahrt den richtigen Lenkeinschlag der Achsen ermittelt und den Auflieger automatisch einspurt.
Langfristig werde die Branche ohne digitale Unterstützung kaum auskommen, so Neumayer. „Wir können den Fahrermangel nicht wegdiskutieren. Aber wir können die Arbeit so gestalten, dass weniger Ausfälle entstehen und der Job für Fahrer attraktiver wird. Jede Maßnahme, die Sicherheit und Effizienz erhöht, ist ein Schritt in die richtige Richtung.“
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Foto: Doll Fahrzeugbau







