Der Streit zwischen Tank und Rast, Tesla und Fastned geht in die nächste Runde. Das Oberlandesgericht verweist die Klage zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens an den Gerichthof der EU. Auslöser des Rechtsverfahrens waren die Pläne von Tank & Rast unter Ausschluss anderer Anbieter das Ladenetz von Schnellladestationen an den Raststätten, Tankstellen und Autohöfen an deutschen Autobahnen an denen das Unternehmen die Konzession hält, für E-Autos in Deutschland auszubauen. Bei der zunehmenden Elektrifizierung von Transporter und Lkw ist auch das Transportsegment von der Entscheidung betroffen.
Das OLG gab zur Entscheidung eine Pressemitteilung heraus: „Der Vergabesenat hat heute unter Leitung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Dr. Christine Maimann das Vergabeverfahren über die Bereitstellung von Schnelladeinfrastruktur auf bewirtschafteten Rastanlagen an Bundesautobahnen gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b) und Abs. 2 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt.
In den Jahren 1996 bis 1998 schloss die Antragsgegnerin ohne vorangegangene Ausschreibung (inhouse) mit einer zu 100 % in ihrem Anteilsbesitz stehenden Gesellschaft eine Vielzahl von Konzessionsverträgen über die Bewirtschaftung von Tankstellen und Raststätten an den Bundesautobahnen. In den Folgejahren wurde die Gesellschaft privatisiert und in die Beigeladenen umbenannt. Da die Antragsgegnerin gemäß Schnelladegesetz vom 25. Juni 2021 verpflichtet ist, dem Inhaber einer vorgenannten Konzession die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnellladepunkte anzubieten, schloss die Antragsgegnerin mit den Beigeladenen eine entsprechende Ergänzungsvereinbarung ohne Ausschreibung und machte diese Vergabe bekannt.
Die Antragsstellerinnen, die jeweils Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge betreiben, beantragten daraufhin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Zu dessen Begründung führten sie aus, der Abschluss der Ergänzungsvereinbarung ohne vorherige EU-weite Bekanntmachung sei vergaberechtswidrig und die geschlossene Ergänzungsvereinbarung von Anfang an unwirksam. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen mit Beschluss vom 15. Juni 2022 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Vergabekammer unter anderem aus, die Ergänzung der ursprünglichen Konzessionsverträge sei eine nach§ 132 GWB zulässige Auftragsänderung während der Vertragslaufzeit und daher nicht ausschreibungspflichtig. Jedenfalls sei die Notwendigkeit einer Schnellladeinfrastruktur im Jahr 1998 nicht vorhersehbar gewesen. Gegen diese Entscheidung haben die Antragstellerinnen fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Vergabesenat ist der Auffassung, vor Entscheidung über die sofortige Beschwerde müsse geklärt werden, ob eine Ergänzung der Konzessionsverträge ohne Ausschreibung in Fällen wie dem vorliegenden vergaberechtsgemäß und mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Er hat daher dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Vorlagefrage gestellt:
„Ist Art. 72 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/24/EU an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen?“
Die Entscheidung könnte den Ausbau des Schnellladenetzes extrem beeinflussen.
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