Es grünt so grün. Hersteller Mercedes-Benz will 200.000 Tonnen schadstoffreduzierten Stahl einsetzen. Liefern sollen das die europäischen Zulieferer wie thyssenkrupp oder Salzgitter.
Die Nachhaltigkeit, ob staatlich vorgeschrieben oder nicht, wird von der Industrie vorangetrieben. Hier nimmt der Automobilbau eine Führungsrolle ein. Denn Konsument und Kritiker fordern gleichermaßen ein nachhaltiges Produkt und eine ökologisch geprägte Produktion. Am Anfang all dessen steht die Lieferkette.
Einen großen Anteil des Verbesserungspotenzials betrifft die Stahlverarbeitung in den Presswerken. Der Bereich ist für ein Fünftel der CO₂-Emissionen allein bei Elektrofahrzeugen verantwortlich. Hier fährt Mercedes-Benz auf die Poleposition, getreu dem Werbeslogan „Die Zukunft des Automobils“. „Bis spätestens 2030 will Mercedes-Benz Cars die durchschnittlichen CO₂-Emissionen pro Pkw in der Neufahrzeugflotte im Vergleich zum Jahr 2020 mindestens halbieren, und zwar über den gesamten Lebenszyklus hinweg – von der Rohstoffbeschaffung über die Nutzung bis zum Recycling.“ Liefern müssen die Zulieferer und zwar 200.000 Tonnen schadstoffreduzierten Stahl.
„Die zusätzlich vereinbarten mehr als 200.000 Tonnen CO₂–reduzierten Stahls für die jährliche Belieferung unserer Produktionsstätten in Europa markieren einen beachtlichen Meilenstein für unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele. Mercedes-Benz wird auch in Zukunft gemeinsam mit seinen Partnern den Weg zu einer CO₂-neutralen Neuwagenflotte bis 2039 konsequent weitergehen. Gleichzeitig setzen wir damit ein wichtiges Signal für die Transformation der europäischen Stahlindustrie.”
Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, Chief Technology Officer, verantwortlich für Entwicklung und Einkauf
Das bedeutet Kärrnerarbeit. Denn eine Tonne Stahl verursacht im Schnitt mehr als zwei Tonnen CO₂. Diese Emissionen „können verringert werden, wenn statt der koksbasierten Hochofenherstellung das Direktreduktionsverfahren mit dem Elektrostahlverfahren kombiniert wird. Im erdgasbasierten Direktreduktionsverfahren lösen Kohlenmonoxid und Wasserstoff den Sauerstoff aus dem Eisenerz. In einem Elektrolichtbogenofen (Electric Arc Furnace, EAF) wird das direktreduzierte Eisen zusammen mit Stahlschrott direkt zu Stahl geschmolzen. Werden bei der Direktreduktion grüner Wasserstoff statt Erdgas und erneuerbare Energien für den Betrieb des Elektrolichtbogenofens genutzt, lassen sich die Emissionen weiter senken – es entsteht nahezu CO2-frei hergestellter Stahl“, erklären die Stuttgarter Einkäufer. Das soll jetzt mit thyssenkrupp Steel umgesetzt werden. Aber auch die anderen Lieferanten haben neue Aufgaben im Pflichtenheft stehen. Beispiel Salzgitter: „Mercedes-Benz bezieht bereits heute CO₂-reduzierten Flachstahl der Salzgitter Flachstahl GmbH. Dieser wird zu 100 % aus Schrott im Elektrolichtbogenofen hergestellt. Damit lassen sich die CO₂-Emissionen für die jeweiligen Stahlgüten um mehr als 60 % gegenüber der konventionellen Hochofenroute reduzieren. Mercedes-Benz und Salzgitter haben sich zudem in einer Absichtserklärung auf den Bezug von mit Grünstrom hergestellten Stahlprodukten geeinigt, wodurch sich das Einsparpotenzial weiter auf mehr als 75% erhöht. Ab 2026 will Salzgitter Flachstahl die Mercedes-Benz Werke zudem mit CO₂-reduziertem Stahl beliefern.“
Das Thema wäre aber nicht zu Ende gedacht, würde man den Gedanken der Kreislaufwirtschaft vernachlässigen. Bei diesem Thema ist der österreichischen Stahl- und Technologiekonzern voestalpine im Produktionsprozess eingebunden und für den Wiedereinsatz von Stahlschrott, der im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen anfällt, verantwortlich“, teilt das Unternehmen mit.
Gelingt das, ist das wahrhaftig „Die Zukunft des Automobils“.
Foto: Mercedes-Benz