Den Lkw-Notbremsassistenten hat die Dekra in ihrem Verkehrssicherheitsreport 2023 „Technik und Mensch“ unter die Lupe genommen. Dafür wurden auf dem Gelände des Dekra Technology Centers am Lausitzring in Brandenburg Fahrversuche mit drei Lkw von verschiedenen Herstellern durchgeführt. Fazit: Bei Abweichungen vom „Standard“ sinkt die Leistungsfähigkeit der Systeme deutlich.
Wenn es darum geht, die Verkehrssicherheit zu verbessern, spielen Fahrerassistenzsysteme auch im Lkw eine wichtige Rolle. Das gilt in besonderem Maße für das Unfallszenario Auffahren auf das Stauende. Vor allem unter Beteiligung schwerer Lkw kommt es hier immer wieder zu schwer verletzten und getöteten Insassen.
Fahrerassistenzsysteme wie der Lkw-Notbremsassistent können Unfälle vermeiden oder die Unfallschwere verringern. Allerdings tun nicht alle Notbremsassistenten das so gut, wie es technisch möglich und wünschenswert wäre. Das ist das Ergebnis der Fahrversuche am Dekra Lausitzring mit drei Sattelzugmaschinen verschiedener Hersteller.
„Dabei zeigte sich, dass die getesteten Notbremsassistenten zwar gesetzeskonform sind, dass es jedoch noch erhebliches Optimierungspotenzial insbesondere bei der Systemauslegung gibt“, lautet das Fazit von Uwe Burckhardt, Leiter Test und Event am Dekra Lausitzring.
Tests zeigen deutliche Unterschiede
Die mit Messtechnik sowie Lenk- und Pedalaktuatoren ausgestatteten Lkw fuhren dabei jeweils mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h geradlinig auf eine stehende Pkw-Attrappe zu – und zwar mit 100-prozentiger Überdeckung, also mittig auf das Heck des Targets. Die Versuche wurden zunächst als Test des jeweiligen Systems ohne Eingriff des Fahrers gefahren, anschließend wurden verschiedene Fahrereingriffe mit unterschiedlich starkem Bremspedaldruck und Lenkeingriff simuliert. Die Simulationstests zeigten deutliche Unterschiede bei den Assistenzsystemen.
Das technische Potenzial werde durch das bestehende Regelwerk nicht ausgeschöpft, heißt es vonseiten Dekra. Auch zeigten die Systeme teilweise erhebliche sicherheitsrelevante Wechselwirkungen je nach Fahrerverhalten. Darüber hinaus machten die Versuche von Dekra deutlich, dass bei Abweichungen vom „Standard“ die Leistungsfähigkeit der Systeme deutlich sinkt.
Gesetzliche Anforderungen müssen erhöht werden
Wünschenswert wäre es daher, eine Vereinheitlichung der Systemauslegungen zu diskutieren, betonen die Sachverständigen.
„Für die Zukunft gilt es außerdem, die gesetzlichen Anforderungen so zu erhöhen, dass die Systeme in realen Verkehrssituationen noch zuverlässiger funktionieren“, fordert Jann Fehlauer, Geschäftsführer der Dekra Automobil GmbH.
Auf UN-Ebene sind bereits neue, schärfere Mindestanforderungen für die Zukunft formuliert und beschlossen. Sie sollen für neu entwickelte Fahrzeugtypen ab September 2025 und für alle neu zugelassenen Lkw ab September 2028 gelten. Nach Ansicht des Dekra-Geschäftsführers könnten diese Regelungen aus Sicht der Verkehrssicherheit noch ambitionierter sein. „Sie sind aber ganz klar ein Schritt in die richtige Richtung und müssen jetzt zügig in geltendes EU-Recht umgesetzt werden“, erklärt Fehlauer.
Der Dekra-Verkehrssicherheitsreport 2023 steht unter www.dekra-roadsafety.com zur Verfügung.
Foto: Dekra